Kölnische Rundschau – Für Könige und Scheichs gemalt
Das aussergewöhnliche Leben des Rainer Maria Latzke: Für Pasta malte er in einer Mechernicher Pizzeria, und ein wenig später, für sehr viel Geld in Palästen und Villen. Mit 57 Jahren hat der „Eifeler Junge“ noch sehr viel vor.
Für Könige und Scheichs gemalt
Rainer Maria Latzke: vom Leben in einer Kunstwelt und in der Welt der Kunst
Mit Mario Moranelli war Rainer Maria Latzke schnell handelseinig. Ende der 70er Jahre bat der italienische Gastronom den Künstler, die Wände seines Restaurants in Mechernich zu bemalen. Das Honorar für den in Frohngau geborenen Künstler: ein halbes Jahr freies Essen plus Tafelwein. Einige Zeit später konnte Latzke mehrere 100000 Mark für die malerische Gestaltung von Wänden verlangen – in Villen, Schlössern, Palästen und in den Nobelherbergen irgendwelcher Scheichs. Die Wandmalerei sollte sein Leben verändern und bestimmen – bis heute. Sie führte ihn nach Italien, Süd-Frankreich, nach Kalifornien und Monaco.
Vor dem Engagement bei Moranelli rannte er durch Galerien und holte sich eine Abfuhr nach der anderen. Pop-Art war der Renner, nicht die klassische Malerei. „Die haben gesagt: Du kommst 200 Jahre zu spät“, erinnert sich Latzke. Moranelli fand das nicht, das Werk im „Pinocchio“ kam auf die Titelseite der Rundschau-Beilage „Prisma“ – und stieß bei einer „schweigenden Mehrheit“ offene Pforten ein: „Es war die Zeit, als man es wieder etwas fürstlicher haben wollte.“ In diese Marktlücke stach Latzke hinein:“ Ich habe damit sehr viel Geld verdient.“ Zeitweise lebte er in einem Schloss in Belgien: „ Ich konnte mir jedes Auto leisten, das ich wollte.“ Kaum zu glauben, dass dieser „Verrückte“ (Selbst-Beschreibung) mal Pauker am Emil-Fischer-Gymnasium in Euskirchen und am Franken-Gymnasium in Zülpich war.
Bei Beuys und Richter gelernt
Sein Vater, der verstorbene Künstler Alfons Latzke, hatte ihn zu einem vernünftigen Beruf gedrängt: “Ich dachte zwar, Picasso hat doch auch nicht tagsüber unterrichtet und nachts seine Werke geschaffen, aber ich habe mich dran gehalten.“ Das Staatsexamen in Philosophie und Pädagogik legte er ab und dann unterrichtete er. „Die Schüler waren rücksichtsvoll, wenn ihr Lehrer übermüdet war.“ Denn die Nächte gehörten der Kunst und dem wilden Leben. „Es war ja damals Pflicht, keine Dummheit auszulassen“, erinnert sich Latzke, der im berüchtigten Jahr 1968 sein 18. Lebensjahr vollendete. Nur in Sachen Kunst war er konservativ. Er hat es versucht mit der modernen Kunst, als Schüler von Joseph Beuys: “Doch das war mehr Politik als Kunst.“ So ging er zu Gerhard Richter:“ Der war mehr klassisch unterwegs.“ Den Lehrerberuf schmiss er bald hin und machte sich auf den Weg nach Italien, studierte dort die Technik der Renaissance-Freskenmalerei:“Lieber ohne Geld in der Sonne als ohne Geld im Regen“, habe er gedacht. Als er wieder nach Hause zurückkehrte, traf er Mario Moranelli, der sein Restaurant verschönern wollte. Der Rest wäre dann Geschichte, wenn Latzke das Leben in der Schickeria von München bis Monaco nicht nur gelebt, sondern auch geliebt hätte.
Doch nicht diese Kunstwelt war sein Ding, eher die Welt der Kunst, ihm ging ein Licht auf:“ Ich bin ein Eifeler Kind, dem es verflucht gut geht.“ Er entwickelte ein Reproduktionsverfahren für Wandmalerei und vor einigen Monaten trat er eine Professur an der amerikanischen Utah State University an:“Ich unterrichte Kunststudenten im letzten Studienjahr, mit denen ich Projekte ausarbeite. Außerdem lehre ich im Interior Design Departement der Universität Wandmalerei in der heutigen Inneneinrichtung und den Umgang mit der von mir entwickelten FrescoMaster-Software.“ Zwei Assistenten sorgen dafür, dass Latzke genug Freiheit hat für seine Firma und ein anspruchsvolles Schulprojekt, das er nun mit dem Euskirchener Anwalt Michael Hermans in Angriff nimmt (s. Interview). Daher ist er diese Tage wieder man in Euskirchen, wo er mit Verwandten in der Saarstrasse eine Frescomaster Academy führt – und wo man ihn abends schon mal bei seinem ersten Auftraggeber Mario Moranelli antreffen kann. Latzke Patent Kunst für (fast) jeden Geldbeutel „Jetzt mit 57 Jahren, fragt man sich schon mal, was man der Nachwelt hinterlassen kann“, sagt Rainer Maria Latzke. In Monaco entwickelte er mit der Frescografie ein neues Reproduktionsverfahren für das er 2000 das Patent erhielt. Rund vier Millionen Euro habe er in die Entwicklung gesteckt. „Ich wollte ein Verfahren, das Wandmalerei mobiler, schneller und günstiger macht.“
So entwickelte er eine Software, durch die am Computer die Werke erstellt werden, die dann in einer Größe bis zu 5 x 25 Meter ausgedruckt werden können, 2500 einzelne Motive – von Personen über Gläser bis zu Tieren – hat Latzke in das System gestellt, dessen sich 350 so genannte lizensierte Frescomaster in ganz Europa bedienen können.Das sind Malermeister, Innenarchitekten oder Raumausstatter, die ihren Kunden dieseWandbilder anbieten. Auch die koennen an der Komposition des Wandbildes mitwirken. Das letzte Wort hat aber Latzke: “Ein Wandbild muss fehlerfrei sein”, sagt er, “man kann es ja nicht abhaengen wie ein Bild.” In der Branche hat sich Latzke damit nicht nur Freunde gemacht, denn waehrend ein konventionell hergestelltes Wandbild schon mal mehrere 100000 Euro kosten kann, sind die am Computer komponierten Bilder fuer etwa 10000 Euro zu erhalten. “Aber die Schallplatte war auch nicht das Ende der Musik”, haelt Latzke seinen Kritikern entgegen. Durch sein Verfahren werde die Kunst “demokratisiert” indem sie nicht nur elitaeren Kreisen vorbehalten bleibe. Es sei ohnehin eine Frage der Zeit gewesen, bis ein solches Verfahren entwickelt wuerde. “Da ist es doch besser, es macht ein Guter als ein Schlechter, ” so Latzke.
von Michael Schwarz/Nov. 2008