New City Magazine, Shanghai – Ein Künstlerleben ohne Grenzen
KÜNSTLERLEBEN OHNE GRENZEN
Ein Interview mit Rainer Maria Latzke, einem der führenden Wandmaler unserer Zeit
“Ich fühle mich als Kosmopolit, ich bin da glücklich, wo ich gebraucht werde.”
Die meisten Menschen verbinden Wandmalerei mit einer alten Kunst, bei der man als erstes an die Renaissance denkt. Als zeitgenössischer Wandmaler haben Latzkes Errungenschaften auf dem Gebiet der Wandmalerei ihm nicht nur den Titel eines “modernen Michelangelo” eingebracht, sondern er wurde auch von der russischen Artist Association in die Liste der weltbesten Künstler der letzten 400 Jahre aufgenommen. Nachdem im Jahr 2010 das Shanghai Institute of Visual Art der renommierten Fudan University Rainer Maria Latzke eine Honorarprofessur verliehen hatte und er von der DTMA, der Beijing DeTao Masters Akademie, eingeladen wurde, Wandmalerei in China zu unterrichten, begann er nun seine künstlerische Lehrtätigkeit in China im Gebäude 6 des Shanghai Institute of Visual Art. Seinen Wohnsitz nahm Rainer Maria Latzke hat in einer Villa in Thames Town und wurde damit offizieller Bürger der Stadt.
Latzke sagt über seine Lehrtätigkeit: “Ich werde mein Wissen ohne jede Einschränkung nach China bringen, weil ich hier eine große Zukunft der Wandmalerei sehe. Wenn ich nur in Europa geblieben wäre, könnte ich mit meiner Kunst in China und auch in der Welt nichts bewegen. Chinesische Studenten sind offener, als ich dachte, sie haben einen besonders starken Wunsch, zu lernen. Obwohl europäische Studenten in einigen Fähigkeiten besser sind als chinesische, glaube ich, dass sie in den nächsten 5-10 Jahren aufgrund ihrer enormen Anstrengungen durchaus die Besseren werden könnten.
China und die Wandmalereien in den Augen des Künstlers
“Mein Lieblingsort in China ist die Chinesische Mauer bei Peking. Jedesmal wenn ich nach Peking reise, gehe ich auch zu den verschiedenen Stellen der Großen Mauer in der Umbegung von Peking. Sie ist noch viel erstaunlicher, als ich ohnehin schon erwartet hatte und ich schätze sie jedesmal mehr, sie ist ein großes Kunstwerk und eindrucksvoller als die Pyramiden von Ägypten.” Latzke sagt weiter: “Immer wenn ich nach China komme, habe ich das Gefühl durch einen Zeittunnel in die 80er Jahre in Europa zu reisen, überall sspürt man dieVitalität und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, das Gefühl ist wirklich überwältigend. In China ist die Wandmalerei noch ein neues Feld. Es gibt kaum Künstler, die auf diesem Feld arbeiten; sie ist wie ein unbeschriebenes Blatt und doch voller Potential. Der Grund, warum China sich so rasch entwickelt in den letzten Jahren, ist einfach die überwältigende Vielfalt von Entwicklungsmöglichkeiten. Es ist ein Unterschied zu den USA und Europa, wo es momentan zu wenig Raum für Entwicklung gibt. In den 80er Jahren haben sich in Europa so wie jetzt in China, auch nur wenige Menschen für Wandmalerei interessiert Ich bin nach Italien gereist, um die Maltechniken und die Geheimnisse der Renaissance Meister zu studieren, und war tief von dieser Kunstform fasziniert. Wenn ich einen Raum mit Fresken betrat, kam es mit vor, als würde ich in das Gemälde hineingehen und ein Teil von ihm werden. Das Gefühl war erstaunlich.“
Angetrieben von seiner Leidenschaft für Wandmalerei, entwickelte sich Latzkes Karriere in großen Schritten. Internationale Konzerne beauftragten ihn mit der Gestaltung von Wandmalereien. Im Jahr 1985 begann er, in seinem Schloss in Belgien Schüler in den Techniken der Wandmalerei zu unterrichten. Nach 10 Jahren gab es bereits eine größere Anzahl von neuen Wandmalern unter den Künstlern im europäischen Markt und Latzke wurde gefeiert als der Erneuerer der zeitgenössischen klassischen Wandmalerei.
Kunst ist auch Erneuerung
In den späten 80er Jahren entwickelte Latzke die Frescografie-Reproduktionstechnik und damit ein revolutionäres neues Verfahren für die Herstellung großflächiger Wandbilder. Diese patentierte Technologie nutzt separate Bildelemente, aus denen man auf den jeweiligen Raum maßgeschneiderte Wandgestaltungen komponieren kann. Das Design des fertigen Produkts wird auf eine Leinwand in Wandgröße übertragen und das Wandbild schließlich am vorgesehenen Ort angebracht. Latzke hat mit der Frescografie-Reproduktionstechnik Räume in berühmten Gebäuden auf der ganzen Welt gestaltet, so wie beispielsweise im Wiener Rathaus und das weltweit größten Segelschiff, die Royal Clipper.
Die neue Technologie reduziert die Herstellungszeit und damit die Kosten erheblich, so dass sich mehr Menschen als bisher Wandmalerei leisten können. Jetzt bringt Latzke diese neue Technologie nach China und hofft, dass mehr chinesische Künstler damit in Kontakt kommen und sie für sich nutzen Er sagt: “China wird das erste Land sein, das diese neue Technologie in größerem Maßstab lernen und anwenden kann. Vielleicht wird China sogar eine neue Renaissance der Wandmalerei in der Zukunft erleben. Das wird auch Menschen aus der ganzen Welt nach China locken, die dann hier auch die wunderbaren historischen Wandmalereien von China schätzen lernen können.
“Es muss kein Widerspruch sein, Kunst zu schaffen gleichzeitig seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen”
“Als ich Kunst studierte, hat mir niemand gesagt, wie man es anstellt, von seiner Kunst leben zu können. Das ist auch heute noch ein häufiges Problem, das in der Ausbildung vernachlässigt wird und Künstler gezwungen sind, ihre Leidenschaft aufzugeben, nur um überleben zu können. Das ist sehr schade.“ Als erster Master der Beijing DeTao Masters Akademie vermittelt Latzke sein Wissen und lehrt die Studenten auch, das Erlernte so einzusetzen, dass sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen können. Die DTMA hat über 100 weltweit führende Experten kreativer Berufe eingeladen, hier zu lehren. Sie decken Gebiete des Industrie Designs, der Architektur, des Films und der TV Animation ab, um eine Topausbildung anzubieten, die auch die bisherigen technischen und kulturellen Errungenschaften der Menschheit einschließt. Latzke ist voller Zuversicht für die künstlerische Entwicklung im zukünftigen China: “Ich glaube, dass alles nur eine Frage der Zeit ist.“ Für Latzke ist das nahe bei Shanghai gelegene Songjiang der ideale Platz für Studenten, um Kunst zu studieren. Thames Town ist an sich das perfekte Kunstparadies. Latzke fühlt die Verantwortung, sein eigenes Wissen an die nächste Generation weiterzugeben, ob in China oder in Europa, denn Kunst ist ohne Grenzen.
Über Songjiang
Songjiang New City ist ein großes Stadtentwicklungsprojekt im Songjiang District und Teil von Shanghais “One City, Nine Towns” Plan. Die New City wurde auf der Grundlage der Garden CityDesign-Prinzipien entworfen, die einen besonders großen Anteil an Grünflächen und Parkgebieten vorschreiben. Die Neustadt beherbergt auch die Songjiang University Town, einem Hochschulkonglomerat, das die höchste Dichte von Universitäten auf dem chinesischen Festland aufweist. Prof. Latzke’s Studio befindet sich auf dem Campus des Shanghai Institute of Visual Arts.